Der Fall der Schülerin Katia Kheder und ihrer Familie
In der Nacht vom 23. auf den 24. März 2021 wurde die Schülerin Katia Kheder und ihre Familie aus Wolfhagen bei Kassel abgeschoben. Katia wollte bald ihren Realschulabschluss machen und im August ihre Ausbildung als Altenpflegerin beginnen. Der Ausbildungsvertrag war bereits abgeschlossen. Katia lebte seit drei Jahren in Deutschland. [1] Sie und ihre Familie sind vor dem Krieg in Syrien geflohen. Auf ihrer Flucht sind sie über Bulgarien nach Europa eingereist. Damit ist laut der Dublin-Verordnung Bulgarien „zuständig“ und dorthin wurden Katia und ihre Familie nun abgeschoben.
Die deutsche Abschiebepraxis und das Dublin-System sind traumatisierend und grausam:
– Katia und ihre Familie wurden unter Zwang in ein anderes EU-Land verbracht.
– Katia und ihre Familie wurden mit Gewalt aus ihrem Umfeld gerissen.
– In Bulgarien, wohin die syrische Familie abgeschoben wurde, kann der Familie Haft drohen. [2]
– Die Familie erwartet in Bulgarien Perspektivlosigkeit und Unsicherheit.
– Bulgarien ist sehr stark von COVID-19 betroffen.
– Die Schüler*innen der Walter-Lübcke-Schule verlieren eine Freundin.
Es ist ein Skandal, dass in Zeiten der Verbreitung des neuartigen Corona-Virus die deutsche Politik weiterhin ununterbrochen abschiebt. Wir unterstützen die Schüler:innenvertretung der Walter-Lübcke-Schule in Wolfhagen in ihrem öffentlichen Protest. Das rassistische und menschenrechtsverachtende Verhalten der deutschen Behörden muss ein Ende haben! Für einen sofortigen Abschiebestopp bundesweit! Katia Kheder und ihrer Familie muss die sofortige Rückreise nach Deutschland ermöglicht werden!
[1] https://walter-luebcke-schule.de/die-schulgemeinde-protestiert-gegen-die-abschiebung-der-schuelerin-katia-kheder/
Weltweite Pandemie – es braucht einen Abschiebestopp!
Zum Internationalen Tag gegen Rassismus:
Unsere Medienpraxis zeigt: Es stellt sich nicht die Frage, ob wir uns integrieren müssen!
Wir staunen nicht schlecht, welche Rufe nach Integration uns begegnen. Benehmt euch hier! Lernt die Sprache! Sprecht verständlich! Geht arbeiten! Oder aber: Geht nicht arbeiten. Ihr nehmt die Arbeitsplätze weg. Ja, wir erleben Rassismus. Im Alltag, auf der Straße, in der Behörde. Das Recht zu bleiben müssen wir uns erarbeiten. Ohne Leistung geht es nicht. Das ist die Eintrittskarte. Deutsch lernen. Einen Job haben. Obwohl viele unserer Abschlüsse in Deutschland nicht anerkannt werden. Obwohl wir lange Zeit in einer Unterkunft leben und auf Briefe vom Amt warten. Obwohl es schwer ist zwischen Jobcenter, Steuersystem und Einwohnermeldeamt den Durchblick zu wahren. Viele Behördenbriefe sind auch für deutsche Muttersprachler*innen nur schwer verständlich.
Warum kommt diese Integrationsdebatte immer dann auf, wenn es um migrantisierte Menschen geht? Warum wird angenommen, es gäbe eine unüberwindbare Kluft zwischen einer vermeintlich „deutschen“ Kultur und einer anderen? Während die deutsch-französische Freundschaft beschworen wird?
Wir als Medienmacher*innen im netzwerk medien.vielfalt! arbeiten in 12 Städten vor Ort. Wir arbeiten in vielen verschiedenen Berufen. Wir studieren Medienwissenschaften oder waren als Journalistin in anderen Ländern tätig. Uns prägen Bildungsabschlüsse, politische Orientierung oder unsere Stellung in der Gesellschaft. Als vielfältige Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen kommen wir zusammen und machen Radio, produzieren Videos oder Printmedien. Es stellt sich nicht die Frage, ob wir uns integrieren müssen!
Die Debatte um Integration verhindert die Möglichkeit zu wählen wie sich migrantisierte Menschen ausdrücken wollen. Sie verhindert eine demokratische Auseinandersetzung über Rassismus mit den Betroffenen selbst. Sie schließt die Menschen aus, anstatt sie einzuschließen. Die Debatte um Integration verhindert ein inklusives Denken, alle mitzunehmen. Egal welchen Hintergrund jemand hat.
Diese Debatte muss ein Ende haben. Lasst uns den Raum! Zum Atmen. Für neue Ideen. Für eine gerechte Gesellschaft ohne Rassismus!